Jahrgang: 1974
2011 “Sie werden gesehen, Fritz!“ Galerie Bernsteinzimmer Nürnberg
"Eigentlich schon totgesagt, erlebt das Porträt in der zeitgenössischen Kunst eine regelrechte Renaissance. Thomas Struth, Cindy Sherman oder Christian Boltanski maßen dem Porträt wieder vermehrt Bedeutung zu und vor allem Thomas Ruff und Chuck Close fielen durch fotografische beziehungsweise fotorealistisch gemalte Bildnisse auf.
Wie die beiden Letztgenannten, arbeitet Yvonne Degrell gern im großen Format und rekrutiert ihre Modelle vor allem aus dem engeren Bekanntenkreis. Beate, Bianca und Britta sind Personen aus dem quasi familiären Bezugsfeld der Künstlerin. Die entspannte Haltung der drei jungen Frauen vermittelt den Eindruck von Intimität. Fast bildfüllend sitzen sie dem Betrachter gegenüber und scheinen in Gedanken doch ganz woanders zu sein. Eine Eigenheit ist bei Degrell die technische Bravour der Tuschemalerei, die nur wenig Spielraum für Korrektur zulässt. Keineswegs zufällig ist die Anordnung der Porträtierten. Vielmehr klingt das Thema der Variation über abstrakte Kompositionsprinzipien an, wenn durch die Armhaltung einmal ein Quadrat, dann ein in Dreiecke unterteiltes Parallelogramm und schließlich ein Trapez beschrieben wird.
Man würde es sich zu einfach machen, wollte man in der neuerlichen Rückbesinnung auf das Porträt einzig einen restaurativen Zug der "Nachmoderne" ausmachen. Offenbar liegt in der Propagierung des unverwechselbar Individuellen eine Trotzhaltung gegenüber einer globalisierten Welt, in der zusehends das Private im Bereich des Öffentlichen verloren zu gehen droht."
Dr. Harald Tesan
Oskar-Forster Stipendium
Materialpreis der Klasse von Platen